Filmfest München - Pressebetreuung

Das Filmfest München ist ein Publikumsfestival. Und das ist auch gut so.
Das bedeutet aber anscheinend auch, dass die Medienberichterstatter ein bisschen, nun ja, hintangestellt werden. Michael Manns "Public Enemies" etwa, auf den die Filmfestmacher so stolz sind, wird in nur einer Vorstellung gezeigt, die zugleich das deutsche Premierenfest des Filmes sein wird; ein Kartenkontingent für Journalisten ist aber anscheinend nicht vorgesehen; oder dieses war so klein, dass vielleicht eine Handvoll Journalisten, die heute früh genug aufgestanden sind, um sich Karten zu sichern, die vielleicht vor den Kassen übernachtet haben, noch reingekommen sind.

Ein gleiches sind die diesjährigen Filmfesttaschen, keine schicken Umhängetaschen mit eingebauten Ordnungsprinzip - hier Block, dort Programmheft, dort die Stifte -, wie es gute Tradition ist, sondern eine riesige Plastiktüten, in die man alles reinschmeißen muss und nichts mehr findet.

Andererseits: Vielleicht wurde diese Tasche extra für Gesine Danckwarts Film "UmdeinLeben" angeschafft, der sechs Frauenmonologe zusammenführt in einem Verfahren, das Danckwart "permativ" nennt. Das ist natürlich eigentlich nur einer dieser Inszenatoren-Neologismen, die was ganz Neues, Avantgardistisches suggerieren; was sich aber eben als doch nicht sooo originell und kreativ herausstellt. Sally Potter hat mit ihrem auf der Berlinale vorgestellten "Rage" etwas nicht ganz Unähnliches gemacht. Danckwart lässt ihre Frauen reden, reden und reden, sie reden sich um Kopf und Kragen und tauchen dabei an nur wenigen Schauplätzen auf, und immer wieder auch in einem weißen Raum; womit die Realität des Milieus, ihrer Umwelt abstrahiert werden soll; was dem ganzen auch einen starken Hauch des Theaterhaften gibt (Danckwart kommt vom Theater, koproduziert wurde der Film (konsequenterweise) auch von Theaterkanal). Streams of consciousness sind das, hat schon James Joyce gemacht, hier sind es sechs verzweifelte Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs, die in unvollständigen, abgehackten Gedankensätzen ihre Befindlichkeiten herausstoßen von Hoffnungslosigkeit und Einsamkeit und Karriere-Ellbogenkonkurrenz und so.
Und das besondere: ich habe das zumindest zu einem Teil auch verstehen können; habe es nicht ganz furchtbar gefunden. Und ich meine: ich bin in den letzten Tagen gereift, habe eine Entwicklung durchgemacht, die mich die weibliche Seite des Lebens gelehrt hat, ein wenig wenigstens. Warum? Weil es in meiner Filmfesttasche ganz genau so zugeht wie in den Köpfen der sechs Frauen von Gesine Danckwart.

Harald Mühlbeyer