exground 09 - ZWEIER OHNE: Vom Rudern und Autobahnbrücken

Nachdem MY SUICIDE in der Youth-Reihe so ein Überraschungshit gewesen ist, waren die Erwartungen an die anderen Filme natürlich hoch. Daher war die Enttäuschung besonders groß, dass aus den deutschen Reihen ein so schlechter Beitrag wie ZWEIER OHNE von Jobst Christian Oetzmann kam. Wie der Titel schon andeutet, fehlt dem Film etwas. Vergeblich versucht er mit Tiefgang zu beeindrucken, flüchtet sich dabei aber von einem Klischee ins andere, und die teilweise sehr kryptischen Handlungen der Figuren täuschen nicht über ihre Eindimensionalität hinweg.

Der schwierige, abenteuerliche Ludwig (Jacob Matschenz) und der zurückhaltende Johann (Tino Mewes) fahren Zweier ohne Rudermann im Sportverein. Wenn man da Erfolg haben möchte – vor allem gegen niederländische Zwillinge – muss man gleich denken und gleich handeln, verschmelzen, eins werden. Deshalb rasieren sich beide Glatzen, tragen die gleichen Kleider und hocken stets aufeinander. Ihre halsbrecherische Mutproben schweißen sie erst recht zusammen. Vom Selbstmord seiner Mutter traumatisiert, lebt Ludwig mit Schwester Vera und seinem Vater unter einer nie fertiggestellten Autobahnbrücke, von der sich am laufenden Band Menschen in den Selbstmord stürzen – wie auch scheine Mutter schon. Als Johann sich in Ludwigs Schwester verliebt und die beiden ein heimliches Verhältnis anfangen, nimmt Ludwigs destruktive Ader Überhand. Je näher die Rudermeisterschaft rückt, desto weiter bewegt sich die Freundschaft in Richtung Abgrund.


Der Film versucht sein Publikum mit einem düsteren Forshadowing zu Beginn in seinen Bann zu ziehen, nimmt damit aber nur das letzte Fünklein Spannung, weil man sich denken kann, worauf alles hinauslaufen wird. Die latente Homosexualität Ludwigs wird im Dunkeln gelassen, dafür darf man aber dem Rest der jugendlichen Besetzung bei ihren expliziten, nymphomanischen Eskapaden zuschauen, die von Realismus ein großes Stück entfernt sind. Ein besonderer Tiefpunkt wird erreicht, wenn Ludwig und Johann die Leiche eines Selbstmörders ein paar Tage verstecken und ihn dann in einem See versenken. Es wird weder klar, warum sie das machen, noch wird es danach wieder aufgegriffen. Dies ist aber nur einer der Handlungsstränge, die ins Leere laufen. Allein mit seiner furchtbaren musikalischen Untermalung und den banalen Dialogen schaufelt sich ZWEIER OHNE schon sein eigenes Grab und kippt selbst in seinen dramatischsten Momenten eher ins Komische. Ein Film, bei dem man nur lachen oder schlafen kann. Schade, dass ich dafür einen anderen Festivalbeitrag verpasst habe.

Sarah Böhmer