Planet Asperger – Die unkonventionelle Romantic Comedy „Adam“

von Harald Mühlbeyer

ADAM - EINE GESCHICHTE ÜBER ZWEI FREMDE. EINER ETWAS MERKWÜRDIGER ALS DER ANDERE

USA 2009. Buch, Regie: Max Mayer. Kamera: Seamus Tierney. Musik: Christopher Lennertz. Produktion: Leslie U rdang, Miranda de Pencier, Dean Vanech.
Mit: Hugh Dancy (Adam), Rose Byrne (Beth Buchwald), Peter Gallagher (Marty Buchwald), Amy Irving (Rebecca Buchwald), Frankie Faison (Harlan).
Länge: 99 Minuten
Verleih: Fox
Kinostart: 10.12.2009


Adam ist einer wie von einem anderen Stern. Die Metapher übersetzt der Film ins Konkrete: Adam interessiert sich fürs Weltall. Und Interesse bedeutet bei Adam: er kennt alle Fakten, alle Theorien, alle kleinsten wissenschaftlichen Kleinigkeiten der Astronomie und hält sich auch nicht zurück, darüber lange Referate zu halten. Statt simplen Smalltalk zu plaudern…

Adam ist Authist; kein so schwerer Fall wie Dustin Hoffman; er leidet an der eher milden Form des Asperger-Syndroms, die es ihm verwehrt, andere emotional zu verstehen; sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen. Weshalb er immer mal wieder ziemlich unsensibel scheint, oder naiv, wenn er Ironie nicht versteht; was aber andererseits bedeutet, dass er vor allem die Tugend der Ehrlichkeit verfolgt. Ehrlichkeit auch und vor allem in der Liebe. Denn das kann er: lieben. Und er kann auch romantisch sein – was vielleicht nicht bedeutet, dass er der Dame seines Herzens die schweren Einkaufstüten tragen hilft, aber immerhin lädt er sie zu sich ein, um sein privates Planetarium vorzuführen; oder um ihr wilde Waschbären im Central Park zu zeigen.

Beth ist die Ausersehnte, und sie ist nicht abgeneigt; auch nicht, als sie von seinem Asperger-Problem erfährt. Tatsächlich entwickelt sich eine Liebesgeschichte, eine berührende, kleine Story von Zusammengehören, von Vertrauen, von Füreinanderdasein. Und das erzählt Regisseur Max Mayer sehr emotional und mit viel Humor: Adam weiß von seinen Schwächen und stolpert doch immer wieder ins Fettnäpfchen, wenn es um die Konventionen des gesellschaftlichen Umgangs geht. Und man fragt sich dabei ganz leise, wer denn eigentlich diese Konventionen für welchen Zweck geschaffen hat…

Nein, der Film reitet nicht auf den Symptomen des Syndroms herum; er spielt nicht auf der Betroffenheitsleier, er will auch gar nicht Mitleid erzeugen. Er zeigt eher den Alltag, das alltägliche Lieben von Adam. Und er legt es auch nicht auf Gags an – diese ergeben sich von allein, aus den Figuren heraus. Das ist sehr schön, sehr locker und leicht, sehr witzig und auch durchaus bewegend in der unbeschwerten Herangehensweise an die romantische Komödie.

Bei aller Zärtlichkeit, die Mayer zu seinen Figuren aufbringt, kann er aber doch nicht von den Konventionen der Romanze lassen – und das bei einem Film, der einen Menschen in den Mittelpunkt stellt, der sich – ob er will oder nicht – geben die Konventionen des Lebens stellt… Zwar ist die Weltall-Metapher nicht allzu aufdringlich, aber eben doch sehr deutlich auf Adams Fremdheit in der Welt zugeschnitten. So wohltuend es ist, dass es in diesem Film keinen Antagonisten gibt, der als Widersacher irgendetwas Böses will – so konstruiert wirkt der aufkommende Konflikt um mangelnde Ehrlichkeit und Unfähigkeit zum Vertrauen zwischen Adam und Beth. So gelungen das Ende ist, bei dem es kein Happy End im herkömmlichen Sinne gibt, das aber dennoch auf allen emotionalen Ebenen befriedigt – in gewissem Sinne verrät Mayer damit eben doch seinen Film, indem er Adam eine Entwicklung beigibt. Adam hat soziales Verhalten erlernt, passt sich an andere an, kennt ihre Erwartungen und erfüllt sie – und das widerspricht schlicht dem Filmanfang, in dem Beths Stimme Saint- Exupérys „Kleinen Prinzen“ zitiert, mit dem sie Adam gleichsetzt, der dem Piloten (also ihr selbst) die richtigen Sichtweisen auf das Leben beibringt. Wobei das Filmende eben Adam den Lernprozess zuschreibt, durch das Leben, die Liebe, durch Beth.