Comedy-Schiffbruch: Graham Chapmans „Dotterbart“ / „Yellowbeard“

von Harald Mühlbeyer

Großbritannien 1983. Regie: Mel Damski. Buch: Graham Chapman, Peter Cook.
Darsteller: Graham Chapman (Yellowbeard), Eric Idle, John Cleese, Marty Feldman, Peter Boyle, Madeline Kahn, James Mason, Martin Hewitt, Cheech Marin, Tommy Chong, Kenneth Mars, Spike Milligan.
Keine Extras.
Länge: 88 Minuten
Label: Concorde Home Entertainment


„Dotterbart“ statt „Yellowbeard“: Da wollten die deutschen Titelerfinder mal ganz deutlich machen, dass es sich bei dem Film um eine Komödie handelt. Nicht dass da einer noch was verwechselt, schließlich spielen ja nur die Hälfte von Monty Python, fast der ganze Cast von Mel Brooks „Young Frankenstein“, Cheech und Chong und noch ein paar mehr Komiker mit. Und tatsächlich: einen weiteren deutschen Titel gibt es auch noch, „Monty Python auf hoher See“.

Yellowbeard, der gefürchtete Pirat, sitzt 20 Jahre lang im Gefängnis, verrät aber trotzdem keinem das Versteck eines immensen Schatzes. Und alle sind hinter ihm her: Sein alter Rivale Moon ebenso hinterher wie der Geheimdienst und ein durchgeknallter spanischer Conquistador, dem das Gold ursprünglich mal gehört hat. Yellowbeard macht sich nach der Flucht aus der Haft auf den Weg in die Karibik, alle hinterher, ein großes Durcheinander.

Tatsächlich ist der Film vor allem als ein All-Star-Comedy-Vehikel interessant; der Abspann ist ein Who is Who der Lustigen, und zwar der wirklich Lustigen: So ist Eric Idle ein böser Geheimdienstmann, der sich als harmloser Marineoffizier ausgibt; John Cleese spielt einen blinden Spitzel, bis er plötzlich in die Luft gesprengt wird; und Graham Chapman in der Titelrolle ist wohl so was wie das Mastermind hinter dem Film, er hat auch das Drehbuch mitgeschrieben. Dazu Cheech und Chong als Spanier, aber ohne Joint; Peter Boyle, der bei Mel Brooks das Monster war, Madeline Kahn ist auch Brooks-Veteranin; genau wie Marty Feldman, der sowieso urkomisch ist, zudem alter Cleese-Chapman-Comedykollege; und der während der „Yellowbeard“-Dreharbeiten gestorben ist – tatsächlich fällt einem am Schluss irgendwann auf, dass Feldman aus dem Film verschwunden ist.

Wobei: Es geht sowieso drunter und drüber, und nur mühsam hält die Handlung ihre Szenen zusammen; da kann schon mal irgendwas oder irgendwer durchs Raster fallen. Und das tut es auch: Denn so ist das halt, wenn Chapman dabei ist, man weiß es aus diversen Aussagen von Python-Kollegen: Chapman war faul, hat nicht sehr viel beigetragen, ist mit seiner Pfeife im Mund in der Ecke gesessen – und war genau deshalb brillant: denn wenn er etwas sagte, dann gab er den entscheidenden Dreh. Als Cleese an einem Sketch arbeitete über einen ignoranten Verkäufer, murmelte er schlicht „Parrot“ – und ein Klassiker um einen toten Papageien war geboren...

„Yellowbeard“ nun scheint ebenfalls von Chapman als Zuträger profitiert zu haben; allerdings nur von Zugetragenem, ohne dass eine starke Ausgangsidee oder ein stabiles Strukturgerüst vorhanden wäre. Eine Menge Gags, komische Ideen, Verdrehungen und Verwurstungen sind da aufeinandergeworfen, und das ist auch gar kein Fehler – leider hatte Chapman wohl kein genügend starkes Gegenüber, das die Ideen auch weiter ausführen, weiter treiben, wirkungsvoll zu einem Abschluss bringen konnte; obwohl Co-Autor Peter Cook ja auch einer der britischen Comedy-Urgesteine war, Cleese- und Chapman-Kollege aus alten“Cambridge Footlights“-Tagen...

Da ist der humane, oder besser: verweichlichte Sohn von Yellowbeard, der noch keinen einzigen Menschen getötet hat! Unbegreiflich für den blutrünstigen Pirat. Aber ach: dieser lustige Konflikt wird nur recht läppisch angeklebt, und nichts folgt daraus. Ebensowenig aus der Vergewaltigungssucht von Yellowbeard, vor dem keine Frau sicher ist – was aber wohl auch aus Jugendschutzgründen nicht weiter ausgeführt wird, dabei haben doch die Frauen auch viel Spaß, wenn sie vom Piraten genommen werden... Dass auf einem Schiff der königlichen Marine keine Frauen erlaubt sind, führt zu ein paar Gags, wie trotzdem versucht wird, Frauen aufs Schiff zu schmuggeln; später ist einer der Offiziere eine Frau in Männerkleidung („Mister Prostitute“), aber auch daraus ergibt sich nichts: Lustig wird angefangen, unlustig beendet.

Am Schluss wird’s wieder interessant, da gibt’s eine große Schlacht im Fort des Conquistadors, und der stellt eine Falle: seine Kämpfer sollen sich tot stellen beim Angriff und dann den Briten in den Rücken fallen. Also wird spielerisch gestorben, was das Zeug hält, der Chef begutachtet das ganze während der Schlacht, gibt Tipps zum richtigen Hinfallen, kritisiert zu großen Pathos... Das nun ist wirklich nicht nur schön ausgedacht, sondern auch zu Ende gebracht und effektiv-pointiert inszeniert (was auch nicht immer der Fall ist in diesem Film) – und dann kommt ja schon der Abspann, und man staunt, wer da alles auftaucht. David Sherlock als historischer Berater: der Lebensgefährte von Graham Chapman!

Ja, natürlich ist der Film lustig; aber man merkt: vor allem lustig geschrieben, das Drehbuch zu lesen muss wirklich köstlich sein. In der filmischen Ausführung: da hapert es.
Weshalb der Film empfehlenswert ist für alle, die sich fürs Komische interessieren: Weil hier eine Riege geniale Witzbolde in der Ausführung des Komischen ziemlich versagt.


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