exground 09 - 10 Kurze für den Kurzfilmpreis

Am Sonntag Abend ist die Entscheidung des Publikums gefallen, welche drei Kurzfilme als Sieger aus dem diesjährigen Wettbewerb hervorgehen werden. Im Rennen waren insgesamt zehn Filme, deren Auswahl zwar abwechslungsreich, qualitativ aber sehr durchwachsen war. Nachdem eine Dame hinter mir nach dem Ende der Vorstellung den zweiminütigen Animationsfilm "Der Lauf der Dinge" bereits mit dem Kommentar "Der hatte doch nur einen Gag" verdammt hat, war für mich der Ausgang der Preisvergabe nicht mehr überraschend. Tatsächlich gewannen dann auch drei durchschnittliche Filme mit hohem "Gag"-Potenzial. Auf dem ersten Platz landete die dialoglastige Actionkomödie "Il Giardino" von Michael Ester, in der sich nach dem Überfall auf eine Boutique zufällig der Manager, die Diebe, zwei Polizisten und eine Gruppe von Freunden (darunter Dirk Bach) in einem Restaurant versammeln. Das Aufeinandertreffen endet in einem schnell vorhersehbaren Shoot-Out á la "Reservoir Dogs", der von den extrem langen Monologen Dirk Bachs hinausgezögert wird, aber immerhin noch mit einem originellen Twist aufwarten kann. Den zweiten Preis erhielt der Animationsfilm "Bob" von Jacob Frey und Harry Fast, in der ein Hamster für seine große Liebe vermeintlich um die Welt reist. "Bob" erinnert an frühe Pixar-Kurzfilme wie "KnickKnack", kann ihnen jedoch weder an Kreativität, noch am Design das Wasser reichen. Der kontroverse Beitrag "Judas and Jesus" von Olaf Encke und Claudia Romero wurde Dritter. Der Film wirft einen etwas anderen Blick auf die biblische Geschichte von Judas, Jesus und Maria Magdalena - im Ziegenmilieu. Leider verliert sich die grundsätzlich witzige Idee in zotigem Humor und wird am Ende zu einem grotesken Ziegenporno.

Die wirklich interessanten Beiträge des Abends gingen leider leer aus. Besonders aufsehenserregend war beispielsweise Petra Schröders Kurzfilm "Der Prinz", in dem zwei pubertierende Mädchen in Rom von einem angeblich homosexuellen Adligen zu sexuellen Abenteuern animiert werden. Gerade weil die Mädchen sich ihres Missbrauchs nicht vollends bewusst werden, wirft der Film einen harten Blick auf den Täter, dessen Manipulation und Ausschlachtung der Situation durch seine Geschicklichkeit umso schlimmer wird. Gerade in Hinblick auf den aktuellen Roman Polanski Prozess ist der Beitrag sehr interessant, weil er zeigt, dass ein Opfer sich seiner Situation nicht unbedingt bewusst sein oder ein Trauma davontragen muss, um den Missbrauch zu einer schrecklichen Straftat zu machen.

Sehr mitreißend und in wunderschönen Bildern erzählte Piotr J. Lewandowski die Geschichte des Jungen "Janek", dessen Mutter alkhol- und tablettenabhängig und einem zwielichtigen Liebhaber hörig ist. Die Geschichte ist zwar nicht sehr originell, aber die einfühlsame Kindesperspektive, die expressive Lichtsetzung, das detaillierte Setting und nicht zuletzt die interessante Rolle eines Goldfischs machen den Film trotzdem zu einem berührenden Erlebnis.

Besonders mochte ich auch den zweiminütigen Animationsfilm "Der Lauf der Dinge" von Katharina Vogel, der mit einer einfachen Metapher das Leben auf den Punkt bringt.

Diese letzten drei Filme haben für mich den Abend gerettet, daher finde ich es besonders schade, dass ihre Originalität oder Kreativität nicht von der Mehrheit des Publikums geschätzt wurden.

Sarah Böhmer