Aus Alt mach Neu - Star Trek (2-Disc Special Edition / Blu-ray)








Wer hätte das gedacht? Kirk, Spock und McCoy tun’s noch einmal auf der großen Leinwand. Dabei waren sie doch bereits 1991 am Ende von „Star Trek VI – Das unentdeckte Land“ mit Fanherzen erwärmender Geste „bis zum Sonnenaufgang“ geflogen. Und nach dem finanziellen Flop des The Next Generation-Kinofilms „Nemesis“ schien das Ende des cineastischen „Star Treks“ ohnehin besiegelt. Doch dann kam J. J. Abrams, und mit ihm kam ein Wort, das seitdem durch viele Franchises geistert: Reboot. Zurück auf Anfang und noch mal von vorne. Das erste der neuen Abenteuer der Classic Crew gibt es nun auf Blu-ray zu bewundern.

Die Handlung stammt aus der Feder von Alex Kurtzman und Roberto Orci, die zuvor etwa die Drehbücher zu „Die Insel“, „Mission Impossible III“ und „Transformers“ verfasst hatten. Das merkt man praktisch sofort: Das neue „Star Trek“ ist jung, actionreich, sexy, mal mehr, mal weniger witzig und schert sich die meiste Zeit nicht wirklich um Plotlogik, solange es dem Tempo und den Schauwerten zugute kommt. Das wirkt bisweilen wie ein „Star Wars“-Film im anderen Gewand, und nicht ohne Grund haben spitzfindige Fans im Internet bereits den Inhalt von „Star Trek“ und „Star Wars – Episode IV“ in gleichen Worten und parallel montierten Bildern erzählt. Aber der Reihe nach …

Die Handlung

Im Jahr 2387 – das erfährt man aber erst in Rückblenden (beziehungsweise etwas ausführlicher im bei Cross Cult erschienen Begleit-Comic „Countdown“) – wird die Heimatwelt der Romulaner durch eine Supernova zerstört. Nero, der romulanische Captain eines Bergbauschiffes, gibt wahlweise Spock, den Vulkaniern oder gleich der ganzen Föderation die Schuld daran, lässt sein Schiff in einem geheimen Flottenstützpunkt experimentell aufrüsten und reist dann, zugegeben nicht ganz freiwillig, durch ein schwarzes Loch in die Vergangenheit. Dort, im Jahr 2233, trifft er auf die U.S.S. Kelvin und zerstört diese. An Bord befinden sich auch die Eltern des just in diesen Augenblicken geborenen James T. Kirk. Während die Mutter mit Klein-Jim entkommt, stirbt der Vater den Heldentod.

Durch Neros Eingreifen wird die Zeitlinie verändert, und eine parallele Zeitlinie entsteht (was die Autoren als Kniff verwendeten, um ihren Reboot in den bisherigen Kanon einzubinden, ohne daran etwas dauerhaft zu verändern). Kirk wächst als junger, vaterloser Rebell auf, der von der Sternenflotte nicht viel hält, bis er eines Tages nach einer Schlägerei in einer Bar von einem alten Freund seines Dads, Christopher Pike, ins Gewissen geredet bekommt. Es folgt ein rascher Streifzug durch Akademietage, die Kirk mit McCoy, Uhura und Spock zusammentreffen lässt – nicht immer unter den besten Umständen, denn gerade der menschliche Rabauke und der halbvulkanische Pedant kommen anfangs überhaupt nicht miteinander klar.

Die Wege der Protagonisten führen 2258 letztendlich auf Pikes Raumschiff, der neu in Dienst gestellten U.S.S. Enterprise, zusammen, als ein Notruf vom Vulkan eintrifft und alle verfügbaren Raumschiffe mit Kadetten besetzt (oder zumindest deren Besatzungen durch sie verstärkt) werden müssen, weil die reguläre Flotte natürlich an völlig anderer Stelle viel Wichtigeres zu tun hat. Nach 25 Jahren ist Nero wieder aus der Versenkung aufgetaucht und beabsichtigt nichts Geringeres, als die Heimatwelt von Spock zu vernichten. Die junge Besatzung – darunter auch der Pilot und Fechtmeister Sulu und der wissenschaftliche Wunderknabe Chekov – nimmt den Kampf gegen den Wahnsinnigen auf, in dessen Verlauf Kirk nicht nur dem eigenwilligen Ingenieur Scotty, sondern auch einem „alten Freund“ begegnet.

Der Film


Eins muss man Abrams neidlos zugestehen. Es ist ihm wirklich gelungen, „Star Trek“ ins 21. Jahrhundert zu bringen. Die Effekte sind hervorragend, der visuelle Stil wird von Farbfiltern, Lensflares und einem rasanten Schnitt-Tempo beherrscht, wie man es von modernen Actionfilmen eben erwartet, und die Ausstattung von der Uniform bis zur Brückenkonsole fühlt sich einfach echt an. Mitunter leider zu echt. Manch Zuschauer mag sich gewundert haben, warum der Maschinenraum der Kelvin und auch der Enterprise wie eine Fabrikhalle (inklusive Betonfußboden) anmutet. Genau deshalb, weil diese Szenen aus Kostengründen in Fabrikhallen gedreht wurden. Angesichts der Tatsache, dass uns diese Enterprise womöglich noch einige Filme lang begleiten wird, wäre hier etwas mehr Liebe zur Set-Ausstattung wünschenswert gewesen.

Das Ensemble liefert praktisch durch die Bank eine eindrucksvolle Vorstellung ab. Chris Pine gibt den zukünftigen Raumschiff-Captain ebenso schlagkräftig wie mit jungenhafter Nonchalance. Zachary Quinto gefällt als Sohn zweier Welten, der auch in dieser Zeitlinie spürbar mit seinen Gefühlen zu kämpfen hat. Und Karl Urban lässt den guten Doktor McCoy auf eine Weise wieder auferstehen, die einen glauben lässt, er sei vom Geist DeForest Kelleys beseelt worden. Einzig Simon Pegg als Scotty interpretiert die Rolle deutlich exaltierter als seinerzeit James Doohan, aber selbst das ist in meinem Augen in Ordnung, denn die ganze Besatzung ist irgendwie jünger, wilder und aufgeregter als ihre Vorgängerinkarnation. Das entspricht einfach dem heutigen Zeitgeist.

Störender sind einige Handlungsmomente, über die man immer wieder stolpert. Warum sich manche Fans über die „Rote Materie“ aufregen, will sich mir nicht völlig erschließen (es gab schon ganz andere Dinge bei „Star Trek“). Ich frage mich eher, warum Nero 25 Jahre lang Däumchen gedreht hat, bevor er Vulkan angriff. Warum Spock Kirk einfach auf einem Eisplaneten aussetzen kann, ohne dass irgendjemand in der Besatzung gegen diesen de-facto-Mordversuch Einspruch erhebt (und gibt es keine Arrestzellen in dieser Zeitlinie?). Warum die Innenraumgestaltung von Neros Schiff so jedem Sinn und Zweck zu entbehren scheint (außer bedrohlich auszusehen). Und wie es möglich ist, dass ein Kadett, dem noch ein Verfahren wegen Betrug anhängt, binnen einer Woche zum Ersten Offizier und dann zum dekorierten Raumschiffcaptain aufsteigt. Solche Fragen kann man sich stellen. Oder man denkt nur „Transformers“, zuckt mit den Schultern und genießt die Show.

Die DVD


Die mit einem der beliebten Wendecover versehene Blu-ray ist hervorragend ausgestattet. Die hohe Bildauflösung kommt zwar aufgrund der zumeist unruhigen, überstrahlten und gefilterten Bilder oft nicht ganz zur Geltung, dennoch ist der Eindruck, der sich etwa auf der Brücke oder im Weltraum einstellt, hervorragend. Darüber hinaus steckt man als Zuschauer akustisch wirklich mitten im Geschehen drin. Das merkt man vor allem in Kampfsequenzen, in denen es aus allen Lautsprechern rumst und scheppert.

Das Bonusmaterial ist erfreulich umfangreich und lässt für den Fan, der hinter die Kulissen schauen möchte, kaum Wünsche offen. Auf der ersten Scheibe findet sich ein Audiokommentar von Regisseur J. J. Abrams, den Produzenten Bryan Burk und Damon Lindelof sowie den Drehbuch-Autoren Alex Kurtzman und Roberto Orci. Auf der Habenseite gibt es hier zu verbuchen, dass die Jungs wirklich viel zu erzählen haben. Leider manchmal alle gleichzeitig, was der Verständlichkeit nicht immer zugute kommt. Theoretisch sollte es außerdem BD-Live-Features geben, die allerdings allem Anschein nach nicht realisiert wurden (zumindest war auf meinem Player nur ein „Coming Soon“-Hinweis).

Auf dem zweiten Silberling finden sich dann diverse, in HD produzierte Dokumentationen. In zehn Featurettes wird auf die unterschiedlichen Aspekte der Produktion eingegangen. „Wo noch nie zuvor ein Mensch gewesen ist“ (16:41) erzählt davon, wie es zu dem Reboot kam. Das „Casting“ (28:53) beschreibt die Suche nach einer neuen, alten Crew. „Eine neue Vision“ (19:31) für das „Star Trek“-Universum wird im gleichnamigen Beitrag entworfen, wobei interessanterweise „Star Wars“ explizit als Vorbild genannt wird. Die Gestaltung der „Raumschiffe“ (24:33), „Aliens“ (16:30), „Planeten“ (16:10) und der „Ausstattung und Kostüme“ (9:22) wird dann in immer kürzer werdenden Kapiteln behandelt. Dabei kommen leider die Effekte an sich etwas zu kurz. Gerade die Arbeit von ILM wäre im Detail für den Fan höchst spannend gewesen. Interessant sind auch die Kapitel zum Akustischen – „Ben Burt und die Sounds von Star Trek“ (11:45) sowie „Musik“ (6:28). Diese für das Kino so wichtigen, aber in Dokus immer wieder sträflich vernachlässigten Tätigkeitsfelder hätten auch hier noch etwas länger sein dürfen. Den Abschluss bildet „Gene Roddenberrys Vision“ (8:47).

Darüber hinaus finden sich noch neun „Entfernte Szenen“ mit optionalem Audiokommentar sowie ein „Gag Reel“, dessen Humor allerdings zu forciert wirkt, um zu wirken. Ein Trailer zum Film sowie der „Sternenflotten-Raumschiff Simulator“. mit dem man von außen die 3D-Modelle der Enterprise sowie der Narada betrachten kann, runden das Bonusmaterial ab. Besitzer einer WebCam können zuletzt auf www.experience-the-enterprise.com die Enterprise durch ihr Wohnzimmer fliegen lassen. (Was bei meinem Mac allerdings irgendwie nicht funktionierte.)

Fazit: „Star Trek“ mag vielleicht nicht ganz das sein, was sich mancher Fan erhofft hat, aber der Film ist zweifellos deutlich besser, als zu befürchten war, auch wenn die humanistische Vision zugunsten des Popcorn-Feelings etwas gelitten hat. Den direkten Vergleich mit früheren Kinofilmen (die auch zumeist keineswegs frei von seltsamen Handlungsmomenten oder nicht ganz geglücktem Humor waren) muss er jedenfalls nicht scheuen. Und wenn man den Film zum wiederholten Male anschaut, merkt man durchaus, dass man sich immer mehr für ihn zu erwärmen beginnt. Die sympathischen Darsteller und die tolle Optik machen es einem leicht. Und die hervorragende Blu-ray-Edition macht es möglich.

von Bernd Perplies

Star Trek
USA 2009. Regie: J. J. Abrams. Darsteller: Chris Pine (Kirk), Zachary Quinto (Spock), Karl Urban (McCoy), Leonard Nimoy (Spock Prime), Eric Bana (Nero), Bruce Greenwood (Christopher Pike), Zoe Saldana (Uhura), Simon Pegg (Scotty), John Cho (Sulu), Anton Yelchin (Chekov)
Vertrieb: Paramount Home Entertainment
Länge: 127 min.
Bonusmaterial: Audiokommentar, BD-Life-Content, Wo noch nie zuvor ein Mensch gewesen ist (HD), Casting (HD), Eine neue Vision (HD), Raumschiffe (HD), Aliens (HD), Planeten (HD), Ausstattung und Kostüme (HD), Ben Burt und die Sound von Star Trek (HD), Musik (HD), Gene Roddenberrys Vision (HD), Entfernte Szenen, Sternenflotten-Raumschiff-Simulator, Gag-Reel, Trailer
Erscheinungsdatum: 02.11.2009


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